Ursachenforschung in der Schweiz. In der Akademie für Narbenbehandlung geht man den Narben auf den Grund. David Boeger gibt Seminare für Physiotherapeuten in der Manuellen Narbentherapie (MNT).
Romanshorn. Schweiz. Ein Tag wie jeder andere in der Physiotherapiepraxis von David Boeger. Heute Morgen steht ein neuer Patient auf dem Terminkalender. Diagnose, wie so oft: Lumbalsyndrom. David Boeger macht sich an die Arbeit. Oder besser gesagt: auf die Suche. Nach sichtbaren und unsichtbaren Narben. Denn Narben sind für ihn oft die Ursache für viele Beschwerden. Deswegen entwickelte der Physiotherapeut die Manuelle Narbentherapie. Eine Technik zum Diagnostizieren und vollständigen, dauerhaften Lösen von Narben. „Die Tragweite der Narben für den ganzen Körper wird oft nicht erkannt“, erklärt Boeger, „Narben zwingen Patienten in eine Schonhaltung. Gesunde Strukturen müssen das Defizit ausgleichen und werden permanent überbelastet“. Das führt langfristig zu einer Schädigung des gesunden Gewebes und zu einer diffusen Schmerzsymptomatik. Häufig in Regionen, die nicht direkt in räumlicher Verbindung mit der Narbe stehen. „Wenn sich zum Beispiel ein Patient als Jugendlicher beim Fußball eine Zerrung am Sprunggelenk zugezogen hat, kommt er nach 20 Jahren mit diffusen Schulterbeschwerden in die Praxis“, sagt Boeger. Keine sichtbare Narbe, kein sichtbarer Zusammenhang – und doch ein komplexer Zusammenhang der Strukturen. „Das größte Problem bei den Narben ist, dass sie uns nicht gleich zur Ursache bringen“, sagt Boeger.
Mit der MNT kann der Therapeut das Gewebe diagnostizieren und der Ursache des Schmerzes auf den Grund gehen. Deswegen unterhält sich Boeger zuerst immer mit dem Bindegewebe des Patienten. „Das Bindegewebe hat ein Gedächtnis wie ein Elefant. Es vergisst nie etwas“, erklärt Boeger. Mit speziellen Tests kann er schnell herausfinden, wo das Problem liegt. Sein Wissen und seine Erfahrungen will Boeger nicht für sich behalten. Seit vier Jahren gibt er nun schon Fortbildungen in MNT.
Die Akademie für Narbenbehandlung hat ihren Sitz in Romanshorn in der Schweiz. In dem dreitägigen Basiskurs MNT1 lernen Therapeuten das Diagnostizieren und Lösen von Narben. In den Kursen sollen vor allem die Hände lernen. Denn die funktionellen Zusammenhänge sind extrem komplex. „Die Theorie ist gut und wichtig. Verklebungen spüren wir aber nur mit der Hand“ sagt Boeger. Es geht also vor allem um eins: anfassen, spüren lernen, sich sensibel machen. Und das können die Teilnehmer an sich selbst. „Jeder Therapeut hat irgendwo Narben und Schonhaltungen. Zu fühlen, wie diese gelöst werden und Schonhaltungen aufgehoben werden, ist für die meisten Teilnehmer ein echtes Aha-Erlebnis“. Maximal zwölf Teilnehmer pro Kurs lassen intensives Arbeiten mit den Teilnehmern zu.
Der Basis Kurs MNT1 kostet 380 Euro inklusive Skript. Wer mehr wissen möchte, der kann zwei Aufbaukurse belegen. In den Viszeralen Basis- und Aufbaukursen MNT2 und 3 dreht sich alles um die Organe. „Für die Körperhaltung sind die inneren Organe von großer Bedeutung“, so Boeger. Hier geht es vor allem um das erste Kennenlernen der Organe. Wie fühlen sie sich an? Welche Bewegungen machen sie? Wie können sie behandelt werden? „Die Aufbaukurse sind allerdings keine Osteopathie-Kurse, sondern wirklich nur ein Kennenlernen der Organe“, betont Boeger. Beide Kurse dauern jeweils zwei Tage und Kosten jeweils 380 Euro. Alle MNT- Kurse sind in Deutschland anerkannte Fortbildungen.
Wer nicht in die Schweiz reisen möchte, dem bietet Boeger auch Inhouse-Kurse in Deutschland an. „Wenn sich mindestens 16 Therapeuten zusammenschließen und einen Kursraum stellen, komme ich gerne auch nach Deutschland“.
MNT ist eine Methode, die in allen Bereichen sofort anwendbar ist und dauerhafte Erfolge beim Patienten erzielt. „In allen Fällen wurde eine deutliche Besserung, wenn nicht gar vollständige Behebung der Narbenproblematik erreicht“, sagt Dr. Ralph Hollmann (Facharzt FMH/EBOPRAS für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Facharzt FMH für Chirurgie St. Gallen). „Wenn man den bewegungshemmenden Einfluss erst einmal reduziert hat, lassen sich alle anderen physiotherapeutischen Techniken auch effektiver anwenden“. Und das führt zu einem zufriedenen und therapieunabhängigen Patienten.