Was neu wird im EMR-Reglement

Die Boeger-Therapie löst Narben im Fasziensystem

Mit der Boeger-Therapie steht auf der EMR-Methodenliste für 2023 eine spezielle manuelle Methode. Diese zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie Verklebungen löst, die durch Narben entstanden sind. Welche Besonderheiten und Vorteile die neue Methode aufweist, erfahren Sie von David Boeger, dem Begründer der Boeger-Therapie.

Herr Boeger, Sie haben das Boeger-Therapie-Konzept entwickelt. Was sind die Hauptmerkmale und Besonderheiten dieses Therapieansatzes?

Neben der systematischen Diagnostik der Faszien ist das wichtigste Hauptmerkmal der Boeger-Therapie die spezielle Lifttechnik. Damit werden die durch Narben entstandenen Verklebungen im Fasziengewebe dauerhaft gelöst. Das führt nachweislich zur Reduzierung des Gewebedrucks und damit zur Schmerzreduzierung und zu mehr Beweglichkeit. Auch die Regenerationsfähigkeit des Körpers wird deutlich verbessert.

Erweiterte Techniken wie REMovement und iXpending können zur Stressreduktion eingesetzt werden und fördern die Selbstregulation und die Eigenwahrnehmung. Somit unterstützen wir unsere Patientinnen und Patienten darin, Übungen selbstständig durchzuführen und auf ihre Gesundheit zu achten.

Narben spielen offenbar eine ganz zentrale Rolle in Ihrem Therapie-Konzept. Warum?

Weil Narbengewebe nach meinen Erfahrungen häufig die primäre Ursache für Bewegungseinschränkungen und Schmerzen ist. Jede entzündungsbedingte Verklebung, jede sichtbare oder unsichtbare Narbe staut den venösen Fluss des Herz-Kreislauf-Systems und lässt das fasziale Gewebe anschwellen. Diese Ausdehnung wird von speziellen Druckrezeptoren an das Gehirn gemeldet und als Schmerz wahrgenommen. Der Körper reagiert mit Bewegungseinschränkungen, Fehlhaltungen, unphysiologischer Muskelspannung und frühzeitigem Verschleiss.

Sie haben die spezielle Lifttechnik erwähnt. Wie unterscheidet sich diese von anderen manuellen Techniken zur Behandlung des Fasziengewebes?

Narbengewebe, das sich nach einer Verletzung neu bildet, ist extrem stabil. So hält es, wenn die Heilungsphasen abgeschlossen sind, sehr hohen Zugund Druckkräften stand und widersteht deshalb den herkömmlichen manuellen Techniken, die sich dieser Impulse bedienen. Der spezielle Lift der Boeger-Therapie dagegen ist ein untypischer mechanischer Impuls, der noch nie auf das Narbengewebe als formgebende Belastung eingewirkt hat, sodass die Narbe dafür sozusagen nicht gewappnet ist. Bei der Lifttechnik werden die Verklebungen der Faszienschichten im Narbenbereich Schritt für Schritt auf Spannung gebracht und so lange gehalten, bis die Schichten sich voneinander trennen.

Der Erfolg dieser Vorgehensweise stellt sich unmittelbar ein und ist sowohl für Patientinnen und Patienten als auch Therapeutinnen und Therapeuten spür und messbar. Diesen Effekt erzielt meines Wissens bislang keine andere manuelle Narbentherapie.

Bei welchen Beschwerden empfehlen Sie die Boeger-Therapie ganz besonders?

Erfahrungsgemäss hilft die Boeger-Therapie sehr gut bei akuten oder chronifizierten Rücken-, Hüft- oder Schulterbeschwerden. Gerade auch bei den sogenannten austherapierten Patientinnen und Patienten haben wir mit unserer Therapie überdurchschnittliche Erfolge.

Generell wirkt die Boeger-Therapie bei Beschwerden, die direkt oder indirekt durch Narben entstanden sind. Bei Störungen infolge von Stress, Verdauungsbeschwerden, Überlastung und Fehlhaltungen kann die Boeger-Therapie mit den erwähnten Techniken REMovement und iXpending einenwichtigen Beitrag zur Selbstheilung leisten.

Was hat Sie auf diesen Weg gebracht, eine neue Behandlungsmethode zu entwickeln, und gab es dafür eine ausschlaggebende Erfahrung?

Zunächst praktizierte ich die Techniken der Narbentherapie, die ich während meines Studiums der Physiotherapie kennengelernt hatte. Die Erfolge waren aber nur kurzfristig. Eine Kaiserschnittnarbe war meine erste Narbe, die ich erfolgreich mit einem Lift löste, das war 1993. Dieses Ereignis beeindruckte mich sehr und ich setzte mich von da an intensiv mit dem Thema Narben auseinander. Bereits nach kurzer Zeit erzielte ich sehr gute Ergebnisse beim Lösen von Verklebungen im Fasziensystem. Zusammen mit meiner Frau begann ich, meine Technik zu systematisieren. 2004 bot ich in unserer Praxis meine erste eigene Fortbildung für Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten an.

Was war für Sie in den letzten Jahren das wichtigste Ereignis in der Weiterentwicklung der Therapie?

2019 brachten wir nach einer zehnjährigen Entwicklungszeit und sechs Prototypen das patentierte Cibionic-Instrument auf den Markt. Damit ist es uns möglich, das Narbengewebe zu diagnostizieren und effektiver als mit den Händen die Narben zu lösen. Darüber hinaus können wir den Therapieverlauf in Echtzeit dokumentieren. Mittels der mit dem Cibionic-System generierten Werte werden erstmals Parameter definiert, die in der Narbentherapie bisher nicht existierten. Für mich bedeutet dieses Instrument den Durchbruch in der Narbentherapie, weil alle Therapeutinnen und Therapeuten mit diesem System vergleichbare und wiederholbare Ergebnisse erzielen können.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Boeger-Therapie nach der Aufnahme auf die EMR-Methodenliste?

Eine Narbe ist weit mehr als ein lokales Problem. Sie verändert die Körperstatik dauerhaft und hat letztlich Auswirkungen auf das Gesamtsystem. Diese Tatsache wurde bislang zu wenig thematisiert. Durch die Aufnahme auf die EMR-Methodenliste wird die Boeger-Therapie einem breiteren Therapeutenkreis, aber auch Ärztinnen und Ärzten sowie Versicherern bekannt gemacht. Dadurch wird es möglich sein, mehr Patientinnen und Patienten als bisher auf die primäre Ursache ihrer Schmerzen und Bewegungseinschränkungen hin zu therapieren.

zum PDF-Artikel